Am Mittwoch, 28.09.2022, ist der “Safe Abortion Day”, der ursprünglich von Feminist*innen in Lateinamerika und der Karibik initiiert wurde, um den Zugang zu sicheren, legalen und bezahlbaren Schwangerschaftsabbrüchen zu erkämpfen. 1990 starteten die Feminist*innen in San Bernardo die „Campaña 28 de Septiembre por la Despenalización del Aborto en América Latina y El Caribe“ (auf deutsch: Kampagne 28. September für die Entkriminalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen in Lateinamerika und der Karibik). Das Datum, der 28. September, bezieht sich dabei auf das „Lei do Ventre Livre“ – übersetzt: Gesetz des freien Bauches – das an diesem Tag im Jahr 1871 in Brasilien verabschiedet wurde und besagt, dass künftig von Sklavinnen geborene Kinder frei sein sollten.
Die Kämpfe der feministischen Bewegungen in Lateinamerika rund um den Safe Abortion Day sind mit dem spezifischen Hintergrund von neokolonialen Strukturen und Lebens- und Arbeitsbedingungen verwoben.
Wir möchten diese feministischen Kämpfe nicht durch unsere Forderungen, die aus einem anderen Kontext und Erfahrungen entstehen, vereinnahmen, sondern solidarisch mit ihnen stehen und gleichzeitig in Deutschland die Zugänge zu Schwangerschaftsabbrüchen verbessern. Denn auch hier reihen wir uns in eine mindestens 150-jährige Geschichte des Kampfs für sexuelle und reproduktive Selbstbestimmung ein. Schon so lange existiert der Paragraph 218 im Strafgesetzbuch, der Schwangerschaftsabbruch als “Straftat gegen das Leben” behandelt und dessen ersatzlose Streichung wir fordern.
Der Zugang zu sicheren Schwangerschaftsabbrüchen ist nach wie vor durch fehlende flächendeckende Versorgung an Beratungsstellen und Ärzt*innen enorm erschwert. Zusätzlich werden Schwangerschaftsabbrüche nicht nur strukturell durch §218 StGB kriminalisiert, sondern auch durch traditionelle Rollenbilder, Vorurteile und Stereotypsierungen tabuisiert.
Wir fordern:
- Ersatzlose Streichung von §218 StGB aus dem Strafgesetzbuch
- Uneingeschränkten flächendeckenden barrierefreien Zugang zu legalen wohnortnahen Schwangerschaftsabbrüchen
- Menschenrechtsbasierte Neuregelung des Schwangerschaftsabbruches auf Grundlage der sexuellen und reproduktiven Gesundheit und Rechte
- Streichung der Beratungspflicht und der „Wartezeit“ (§218a)
- Das Recht auf qualifizierte und ergebnisoffene Beratung als verpflichtende Aufgabe des Bundes/der Länder
- Übernahme aller Kosten seitens der Krankenkassen und Behandlung des Schwangerschaftsabbruches als Teil der regulären Gesundheitsversorgung und des Gesundheitsschutzes
- Ausbildung in den Methoden des Schwangerschaftsabbruchs als verpflichtender Teil der Ausbildung von Fachärzt*innen und bzw. Studiengänge für Medizin
- Umfassende Informationen über und den kostenfreien Zugang zu allen Verhütungsmitteln für alle sowie kostenfreie Vergabe der „Pille danach“ als Notfallverhütung.
- Enttabuisierung des Schwangerschaftsabbruchs und Berücksichtigung des Themas in der sexuellen Bildung
- Soziale und ökonomische Unterstützung seitens des Staates und die Gewährleistung der notwendigen Infrastruktur für alle, die sich für ein Kind entscheiden, damit sie ihre eigene Lebensplanung aufrechterhalten können