Meine Erfahrung mit Schwangerschaftsabbrüchen besteht darin, dass ich einen Schwangerschaftsabbruch habe vornehmen lassen, als ich 20 Jahre alt war. Viel mehr kann ich dazu glaube ich auch gar nicht sagen, außer, dass ich die Entscheidung bis heute nicht bereue und es mir damit auch, sowohl körperlich, als auch psychisch sehr, sehr gut geht.
Ich hatte nie das Gefühl, dass ich an Informationen bezogen auf das Prozedere eines Schwangerschaftsabbruchs, irgendwie keinen Zugriff habe. Also ich habe mich, sowohl von meiner Frauenärtzin, als auch von der Person, die das Beratungsgespräch mit mir durchgeführt hat, sehr gut informiert gefühlt. Ich hatte hier nicht das Gefühl, dass mir da Barrieren in den Weg gelegt wurden, auch wenn die Lage dazu in Deutschland ja bekanntermaßen nicht ganz einfach ist. Ich muss dazu sagen, dass ich auch eine Person an meiner Seite hatte, die einen Schwangerschaftsabbruch auch schon erlebt hat, und für sich so entschieden hat und ich deswegen jemanden an meiner Seite hatte, der mich durch dieses Prozedere begleiten konnte und der mir natürlich schon aus eigenen Erfahrungen einfach die Informationen zur Verfügung stellen konnte. Ich glaube das hat mich sehr bestärkt in meiner Entscheidung und auch in dem Gefühl und in der Sicherheit, die ich mit dieser Entscheidung dann auch hatte. Ich könnte mir aber vorstellen, dass es der Person mit ihrem Schwangerschaftsabbruch, eben, vielleicht nicht ganz so einfach war an Informationen zu gelangen, oder auch das Prozedere zu verstehen, das hinter dem Schwangerschaftsabbruch und dem Beratungsgespräch, und so weiter, steht.
Ich habe mich damals entschieden, als ich erfahren habe, dass ich schwanger bin, dass ich das einfach nicht so besonders vielen Leuten teilen möchte, weil es natürlich sowieso schon oftmals keine leichte Entscheidung ist und man sich fremd fühlt in seinem eigenen Körper – oder ich mich fremd gefühlt habe in meinem eigenen Körper und ich mich selber auch schon mit Schuldgefühlen und so weiter rumgeplagt habe. Die Personen, denen ich das erzählt habe, die waren einfach hundertprozentig für mich da, haben mir nie irgendwie ein schlechtes Gefühl gegeben, haben mich sehr durch diesen ganzen Prozess begleitet und waren auch teilweise dabei bei dem Schwangerschaftsabbruch und haben mich nach Hause gebracht und so weiter. Ich sehe es schon auch kritisch, dass ich bei vielen Menschen schon das Gefühl hatte, dass ich es ihnen eben nicht erzählen kann, weil ich einfach schon in dem Moment dann natürlich selber überfordert war mit der Situation und dann man mit der Situation alleine einfach schon genug zu tun hat – oder ich damit schon genug zu tun hatte. Jetzt im Nachhinein gehe ich wesentlich offener damit um, weil ich mir denke, dass es einfach super wichtig ist, dass wir mehr über dieses Thema reden und ich möchte einfach für eventuelle Freund*innen oder Personen, die sich für den Schwangerschaftsabbruch entscheiden und in diese Situation kommen, einfach da sein. Und das kann ich nur, wenn sie wissen, dass ich das auch schon hinter mir habe und, dass sie dann eben auf mich zukommen können und ich für sie da sein kann.
Für mich wird die Stigmatisierung, glaube ich, und das habe ich auch einfach an mir selber gemerkt, in der Situation dann, dadurch deutlich, dass ich einfach eine unfassbare Angst davor hatte schwanger zu sein und einen Schwangerschaftsabbruch vornehmen lassen zu müssen und vor dieser ganzen Zeit und dem ganzen Prozedere und dem, wie ich damit umgehe, gegenüber anderen Menschen, oder Freunden, oder meinen Eltern, oder meiner Familie. All diese Dinge, die da eben mit reinspielen, die einen auch wirklich irgendwie depressiv machen können. Mir ging es wirklich nicht gut in dieser Zeit und im Nachhinein denke ich mir, dass es einfach nicht gerechtfertigt war. Das einfach das ganze Drama und die ganze Stigmatisierung und Tabuisierung, die mit diesem Thema verbunden ist, einfach nicht gerechtfertigt ist und da würde ich mir wirklich wünschen, dass da irgendwie mehr Aufklärung darüber stattfindet. Wie dieses ganze Thema einfach generell enttabuisiert wird und da sehe ich die Stigmatisierung, glaube ich ganz krass und dieses gesellschaftliche Bild, das bis heute mit Schwangerschaftsabbrüchen und ungewollter Schwangerschaft verbunden ist.
Kritisch an dem ganzen Prozedere des Schwangerschaftsabbruchs und dem System, das da in Deutschland dahinter steht, sehe ich auf jeden Fall, dass einfach der §218 halt immer noch besagt, dass der Abbruch von der Schwangerschaft mit einer Freiheitsstrafe bestraft werden kann. Das ist in meinen Augen einfach ein absolutes NoGo.
Ich muss sagen ich finde diese Beratungsregel eigentlich gut, also weil mir hat sie Gut getan. Ich war irgendwie froh so nochmal mit jemandem reden zu können, der sich einfach auskennt auf dem Feld und das irgendwie regelmäßig macht über solche Dinge zu reden um jemanden zu haben, der einfach nochmal sachlich und klar die Möglichkeiten und Risiken und all diese Dinge irgendwie aufgezeigt hat, ohne mich irgendwie beeinflussen zu wollen. Ich könnte mir aber gut vorstellen, dass es eben auch Personen gibt, die so ein Beratungsgespräch irgendwie nicht brauchen, und für die es eben vor allem einfach nur unangenehm ist. Ich finde auch das gilt es zu akzeptieren.
Bezogen darauf, dass Schwangerschaftsabbrüche nur bis zur dreizehnten Schwangerschaftswoche durchgeführt werden dürfen, bin ich mir sehr unsicher. Also ich finde auch das ist eine wahnsinnig persönliche Entscheidung. Ich für mich, weiß, glaube ich schon, dass ich ab einer gewissen Reife des Embryos und ab einem gewissen Entwicklungsgrad, glaube ich, wirklich mehr Probleme bekommen hätte, diesen Schwangerschaftsabbruch vorzunehmen und eben dieses Leben zu beenden.
Ich hatte meinen Schwangerschaftsabbruch sehr, sehr früh und konnte das deswegen eben auch mit meinem Gewissen und meinen Überzeugungen und so weiter, irgendwie gut vereinbaren. Aber auch hier, finde ich persönlich, dass es die Möglichkeit geben sollte – ja auch hier, in meinen Augen gilt, dass die Frau* über ihren Körper bestimmen darf.
Dieses Werbeverbot für Schwangerschaftsabbrüche gibt es ja auch nach wie vor für Ärtz*innen. Auch das sehe ich, in meinen Augen, sehr, sehr kritisch, weil diese Informationen einfach frei verfügbar sein sollten. Und wir werben irgendwie für, keine Ahnung für was für Sachen in Deutschland irgendwie Werbung erlaubt ist – aber für Schwangerschaftsabbrüche ist es nicht erlaubt?! Das geht in meinen Augen irgendwie nicht und die Informationen sollten einfach verfügbar sein und es sollte auch verfügbar sein, wo man irgendwie Schwangerschaftsabbrüche vornehmen lassen kann.
Generell möchte ich aber noch sagen, dass Menschen, die jetzt einen Schwangerschaftsabbruch vor sich haben, würde ich einfach gerne die Angst nehmen. Also wenn ihr sicher seid, dass das die richtige Entscheidung für euch ist, dann müsst ihr euch eigentlich wirklich keine Sorgen machen. Der Eingriff ist einfach – geht unfassbar schnell über die Bühne, der funktioniert relativ sanft. Ich hatte keine körperlichen Probleme danach und eigentlich ist alles relativ schnell wieder in den Normalzustand übergegangen und Verzweiflung, oder vielleicht auch die Schuldgefühle, die man mitträgt, die sind wirklich in vielen Punkten nicht gerechtfertigt. Weil, wenn das deine Entscheidung ist, und du dich so entschieden hast, und du hundertprozentig hinter dieser Entscheidung stehst, dann ist es auch absolut in Ordnung. Ich würde dir einfach gerne die Angst nehmen und dir sagen, dass alles gut wird und, dass es gott*sei Dank halb so schlimm ist, für die meisten Frauen*, soweit ich das von meiner Beurteilung her sagen kann und von meinen Erfahrungen, wie es eben oftmals dargestellt wird.