Redebeitrag Catcalls of Bremen

Moin,

wir sind Emma und Thea von Catcalls of Bremen. Wir gehören dem gemeinnützigen Verein ChalkBack Deutschland e.V. an und sind Teil der weltweiten Chalk-Back-Bewegung. Wir setzen uns für die Bekämpfung von CatCalling, also jeglicher Form sexualisierter Belästigung im öffentlichen Raum, ein. Dazu zählt zum Beispiel Anstarren, Hinterherpfeifen, Hinterherrufen oder sogar verfolgt werden. Täglich erreichen uns eure Erlebnisse über unseren Insta-Account. Wir kreiden sie wortwörtlich auf Bremens Straßen an und machen damit die alltägliche sexuelle Belästigung für alle sichtbar. Zudem leisten wir feministische Aufklärungsarbeit, vor allem über Instagram, aber auch bei Workshops in Schulen und bei anderen Veranstaltungen.

Dabei ist es uns wichtig, Feminismus intersektional zu denken und den Fokus nicht nur auf Sexismus zu legen, sondern auch alle anderen Diskriminierungsformen wie z.B. Trans- oder Queerfeindlichkeit, Rassismus und Ableismus einzuschließen und so die Verknüpfungen der verschiedenen Diskriminierungsformen miteinander zu beachten. Catcalling als Form sexualisierter Gewalt legt gemeinsam mit der gesellschaftlichen Akzeptanz sexistischer Witze, Ansichten und Aussagen sowie der täglichen sexistischen Objektifizierung von FLINTA* den Grundstein für weitere Formen patriarchaler Gewalt. Diese Gewalt wird im öffentlichen Diskurs regelmäßig verharmlost, was man an ständigem Catcalling sieht, oder daran, dass von „Familiendrama“ und „Beziehungstaten“ statt Femizid gesprochen wird und Täter-Opfer-Umkehr betrieben wird.

Das führt zu einer gefährlichen Verharmlosung patriarchaler Unterdrückung. Denn Worte haben Macht, sie bestimmen den gesellschaftlichen Diskurs und äußern sich dann in konkreten Handlungen wie sexuellen Übergriffen, dem Verabreichen von K.O. Tropfen und Vergewaltigung. Diese Normalisierung, die innerhalb der patriarchalen Dominanzgesellschaft so verbreitet ist, trägt sich ins Private. Dort äußern sich die sexistischen Ansichten in sexuellem Zwang, emotionalem Missbrauch, häuslicher Gewalt bis hin zum Femizid – der höchsten Form patriarchaler Gewalt. Es reicht nicht, sich an einem Tag im Jahr dagegen zu positionieren. Vor allem nicht, wenn an allen anderen Tagen Menschen nicht geschützt werden und Betroffene von sexualisierter Gewalt nicht ernstgenommen werden.

Es braucht Aufklärung von Beginn an: in Schulen, innerhalb der Sexualbildung und im öffentlichen Raum. Denn die Pyramide der Rape Culture muss von unten aufgebrochen werden. Nur so können langfristig Gewalt und Femizide verhindert werden. Nur so lassen sich patriarchale Strukturen nachhaltig zerstören. Aber: aktuell sind wir noch nicht an diesem Punkt. Wir leben in einer patriarchalen Gesellschaft, deren Auswirkungen viele von uns täglich betreffen und in der einige von uns jeden Tag wortwörtlich um ihr Überleben kämpfen müssen.

Wir fordern deshalb leicht zugängliche, kostenlose und barrierearme Hilfsangebote für alle Schutzbedürftigen, die unter dem Patriarchat leiden. Diese Hilfsangebote müssen in ausreichender Anzahl zur Verfügung stehen und vor allem auch ausreichend finanziert werden!

Wir fordern eine konsequente gesellschaftliche Verurteilung jeglicher Form von sexualisierter Gewalt!

Wir fordern, dass die Problematik patriarchaler Gewalt ins öffentliche Bewusstsein dringt und umfassend darüber berichtet und aufgeklärt wird!

Gleichzeitig beobachten wir eine starke Solidarität von FLINTA* untereinander. Auf jede Person, die uns beim Ankreiden stört, kommen zehn, die uns dafür danken. Die Erfahrungen, die wir machen, teilen wir mit vielen. Es ist so kostbar und wichtig, sich gegenseitig Halt zu geben, sich zu vernetzen und empathisch zu bleiben.

Zeigt Zivilcourage, wenn ihr Zeug*innen jeglicher Form sexualisierter Gewalt werdet. An alle Männers: Bleibt nicht still, wenn eure Freunde sexistische Sprüche, als das normalste der Welt äußern. Greift ein, wenn ihr Catcalling mitbekommt. Hört Betroffenen zu, glaubt ihnen, nehmt euch Kritik an. Denkt daran, dass es eure Freund*innen, Mütter, Schwestern treffen kann. Seid solidarisch. Wir wünschen uns Zusammenhalt und Austausch. Bleibt stark und laut füreinander und für alle, die hier heute nicht (mehr) dabei sein können. Gegen Sexismus jeder Art – nieder mit dem Patriarchat!

 


Hi there,

We are Emma and Thea from Catcalls of Bremen. We belong to the non-profit organisation ChalkBack Deutschland e.V. and are part of the worldwide chalk-back movement. We are committed to the fight against catcalling, i.e. any form of sexualised harassment in public spaces. This includes, for example Being stared at, whistled at, called after or even followed. We receive your experiences every day via our Insta account. We literally write them in chalk on the streets of Bremen, making everyday sexual harassment visible to everyone. We also do feminist educational work, especially via Instagram mainly via Instagram, but also at workshops in schools and other events.

At the same time it is important that we think of feminism intersectionally and not only sexism is emphasised. All other forms of discrimination must be considered, for example, trans- or queerphobia, racism and ableism – thus we can observe the connection between the different forms of discrimination. Catcalling as a form of sexualised violence, together with the social acceptance of acceptance of sexist jokes, views and statements as well as the daily sexist objectification of objectification of FLINTA* lays the foundation for other forms of patriarchal violence. This violence is regularly trivialised in public discourse, which can be seen in the constant catcalling, or by talking about “family drama” and “relationship offences” instead of femicide and victim-perpetrator inversion.

This leads to a dangerous trivialisation of patriarchal oppression. Because words have power, they determine the social discourse and then express themselves in concrete concrete actions such as sexual assault, administering knockout drops and rape. This normalisation, which is so widespread within the patriarchal dominance society, carries over into the private sphere. There, the sexist views express themselves in sexual coercion, emotional abuse, domestic violence and even femicide – the highest form of patriarchal violence. It is not enough to take a stand against it one day a year. Especially not if people are not protected on all the other days and those affected by  sexualised violence are not taken seriously.

Education is needed right from the start: in schools, within sex education and in public spaces. Because the pyramid of rape culture must be broken from the bottom up. This is the only way to prevent violence and femicide in the long term. This is the only way to destroy patriarchal structures in the long term. But: we are not yet at this point. We live in a patriarchal society, the effects of which affect many of us every day and in which some of us literally have to fight for our survival every day.

We therefore demand for easily accessible, free and low-barrier support services for all those in need of protection who suffer under patriarchy. These support services must be available in sufficient numbers and, above all, be adequately funded!

We demand a consistent social condemnation of all forms of sexualised violence!

We demand that the problem of patriarchal violence be brought to public attention and that it be comprehensively reported and explained!

At the same time, we are seeing strong solidarity among FLINTA* members. When we write our chalk messages, someone , perhaps one person, will try to stop us, but another ten will come and thank us. We share the experiences we have with many others. It is so valuable and important to support each other, to network and to remain empathetic.

Show civil courage if you witness any form of sexualised violence. To all men: Don’t stay silent when your friends say sexist things as if it were the most normal thing in the world. Intervene if you witness catcalling. Listen to those affected, believe them, accept criticism. Remember that it can affect your friends, mums, sisters. Show solidarity. We want solidarity and dialogue. Stay strong and loud for each other and for everyone who can no longer be here today. Against sexism of all kinds – down with patriarchy!